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Lady Lark mit Freunden bei einem Bier in Minneapolis, Minnesota
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  • Bundesstaaten:
    Minnesota

Eine vertraute Szene in Betty Danger’s Country Club: zwei Menschen in einer Gondel, langsam auf dem Weg in die Wolken.

Ihr wartet geduldig und genießt die Veränderung, die eure Aussicht alle paar Minuten erlebt. Und dann ist es endlich soweit: ihr seid oben. Hier oben scheint die Welt stillzustehen. Hier oben seid ihr auf einer Höhe mit der Skyline der Stadt. Hier oben könnt ihr Tacos essen.

So geht es zu im Betty Danger’s, einem Restaurant mit Bar in Minneapolis, Minnesota, das sich als „Country-Club für die 99 Prozent“ sieht, was sich auf den Slogan der kapitalismuskritischen Occupy-Bewegung bezieht. Das Ziel? Die kreative Klasse schützen. (Und dabei entspannt Margaritas trinken.)

Von Restaurants bis hin zu Brauereien, von Musikclubs bis hin zu Galerien, Seen und Wanderwegen: Minneapolis steht ganz unaufgeregt unter kreativer Energie. Lady Lark, eine Soul-Pop-Musikerin aus den „Twin Cities“, ist von ihrer Heimat überzeugt: „Von einer relativ kleinen Stadt wie Minneapolis würde man eine solche Energie nicht erwarten, aber hier herrschen überall Tatendrang und Aufbruchsstimmung.“

Der Minneapolis-Sound

Als europäische Einwanderer die Gegend im 19. Jahrhundert besiedelten, entstanden die frühesten Varianten der Folk-, Gospel- und Jazzmusik aus einer Mischung von keltischen, skandinavischen und deutschen Klängen. Aus Minneapolis stammen Künstler wie Prince und Bob Dylan sowie das einzige Vollzeit-Kammerorchester der USA.

Während Bob Dylan mit seiner ganz eigenen, minimalistischen Folkmusik berühmt wurde, läutete Prince in den späten 70er-Jahren eine neue Ära ein. Aus seinem Musikstil entwickelte sich der heute so genannte „Minneapolis-Sound“. Ganz ähnlich wie die namensgebende Stadt (und ihr Schöpfer) ist diese Musikrichtung unkonventionell, unverwechselbar und nicht leicht mit Worten zu fassen. Lady Lark beschreibt ihn als „den Pop-Beat der 80er- und 90er-Jahre: Synthesizer-lastig mit Elementen aus Funk und Soul. Ein sexy Sound.“

Lady Lark auf der Suche nach Platten im Electric Fetus

Lady Lark auf der Suche nach Platten im Electric Fetus
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Das Capri Theater

In Minneapolis bildeten die Gemeindetheater das Herz eines Viertels: bescheidene Orte für Ratsversammlungen, Hochzeiten, Konzerte und Ausstellungen.

1979 fungierte das Capri hauptsächlich als Kino – aber wie wir inzwischen wissen, können in Minneapolis auch die einfachsten Orte große Kreativität anregen. Zwischen den Vorführungen unter der Woche und den Sonntagsmatineen wurde die Leinwand aufgerollt und der Raum in einen Veranstaltungsort umgewandelt, in dem Bandwettbewerbe, Live-Kochshows und Gemeindeversammlungen stattfanden.

In diesem Jahr wurde auch ein Benefizkonzert für den Besitzer des Kinos abgehalten. Für 4,25 Dollar Eintritt wurden die Zuschauer (ohne es zu wissen) Zeugen eines historischen Moments in der Musikgeschichte. Lady Lark erzählt: „Hier spielte Prince immer, bevor er zu einem Superstar wurde. Hier stand er mit seiner Gitarre auf der Bühne. Ließ sich vermutlich auf die Knie und bis in den Spagat sinken. Es ist, also ob ich ihn vor Augen hätte.“

Heute ist das Capri das letzte noch bestehende Gemeindetheater in North Minneapolis. Es gibt Überlegungen, die Tradition durch eine Erweiterung des Musik-, Kunst- und Theaterprogramms wieder zu beleben, denn: Wenn es auch der nächsten Generation junger Künstler Chancen eröffnet, sichert sich das Capri seinen Platz in der Geschichte des Minneapolis-Sounds und gleichzeitig seine Zukunft.

Lady Lark im Capri Theater

Lady Lark im Capri Theater
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Electric Fetus

Minneapolis ist der größte Förderer einheimischer Talente. Der Radiosender The Current, der zu Minnesotas öffentlich-rechtlicher Rundfunkgesellschaft MPR gehört, widmet seine Sendezeit lokalen Künstlern; wer allerdings gerne ein musikalisches Souvenir mit nach Hause nehmen möchte, sollte in den Plattenladen Electric Fetus gehen, wo sich die Alben einheimischer Künstler nur so stapeln.

Electric Fetus ist seit Jahrzehnten eine Institution in Minneapolis. Beim Eintreten werdet ihr vom Geruch frisch abgebrannter Räucherstäbchen begrüßt, der abgetretene Boden stammt noch aus dem Jahr 1968, und die aufgelegte Musik hat noch jeden in ihren Bann gezogen. So kann es gut sein, dass der Besuch ein wenig länger ausfällt als geplant.

Der Laden wäre jedoch kein Klassiker von Minneapolis, wenn es nicht auch Livemusik gäbe. Lady Lark erzählt: „Ich glaube, es hat mich als Jugendliche ins Electric Fetus gezogen, weil ich wusste, dass all diese unterschiedlichen Musiker, aus Minneapolis oder von sonst wo, auf jeden Fall hierher kamen, wenn sie in der Stadt waren – um selbst nach Platten zu stöbern, um die Atmosphäre zu erleben oder um zu spielen.“

Vor dem Plattenladen Electric Fetus

Vor dem Plattenladen Electric Fetus
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Land der 10.000 Seen

Auch wenn in Minneapolis kein Mangel an festen Konzertorten herrscht, werden dennoch die Parks und Freiflächen der Stadt gerne für Liveauftritte genutzt. Minnesota, auch das „Land der 10.000 Seen“ genannt, besitzt fast 12.000 Gewässer und eine längere Uferlinie als Kalifornien, Florida und Hawaii zusammen. (Was einem nie gesagt wird, da die Menschen hier zu bescheiden sind, um auch nur ein bescheidenes bisschen anzugeben.)

Die Sommer in Minneapolis sind heiß, die Luft ist sauber und die Parks sind üppig grün: genau das Richtige für ein Picknick mit musikalischer Untermalung. „Ein Livekonzert am Lake Harriet gibt dir das Gefühl, etwas unglaublich Wunderbares erlebt zu haben“, sagt Lady Lark über den 135 ha großen Park. „Du hörst Musik inmitten der Natur – was mehr könnte man sich wünschen!“ (Und falls ihr wegen der berüchtigt kalten Winter besorgt seid: In Minnesota verbinden knapp 15 km überdachte Passagen die Skyways der Innenstadt. Die Stadt lässt euch nicht in der Kälte stehen!)

Die Musik aus Minneapolis gehört zum weltweit Besten und kommt dabei ganz ohne großes Ego und Überheblichkeit aus. „Die Menschen hier sind einfach bescheiden“, meint Lady Lark und denkt kurz nach. „Wir müssen nicht angeben. Wenn diese Stadt für Prince gut genug war, ist sie das für mich sicher auch.“

In einem der grünen Stadtparks am See

In einem der grünen Stadtparks am See
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